Furchtbar grausam - und so sinnlos
Bis zu der Sekunde, die alles verändert hat. Samstag, 17.45 Uhr: Torben geht mit drei Shelties an einem Maisfeld rechter Hand entlang, der Asphaltweg führt leicht bergauf, weiter oben ist er eben. In vielleicht 150 Meter Entfernung sieht er eine haltende Kutsche, zwei Reiter. Ruft die drei zu sich, will sie anleinen. Ohne Hektik. Er kennt sie, weiß, dass auf diese Entfernung keinerlei Gefahr besteht. Doch er sieht nicht, was sich im Grasweg oberhalb des Ackers hinter dem zwei Meter hohen Mais tut. Sekunden später biegt vor ihm eine Beagle-Meute auf den Asphaltweg. Nancy bekommt Panik, rennt in den Mais. 15 bis 20 Beagles hinterher. Sie hat keine Chance. Dann endlich ein Reiter, knallt mit der Peitsche in der Luft. Die Meute hält einen Moment lang inne, dann ergreift Sydney die Flucht, rennt Richtung Zuhause. Die Beagles hinterher, holen sie ein. Die Reiter haben die Gefahr erkannt und die Lage unter Kontrolle, führen die Meute nach 100 Metern zurück. Sydney läuft heim. Hat eine kleine Wunde am Gesäuge, dazu einen großen Bluterguss im Brustbereich (und „Riesenglück“, wie uns der Tierarzt am Sonntag bestätigt). Ein Reiter sagt zu Torben, „die zwei Hunde“ seien weggelaufen. Er macht sich auf den Heimweg mit Shannon, die die ganze Zeit hinter ihm gesessen hat und von den Beagles gar nicht beachtet worden ist. Zuhause wartet Sydney, leicht blutend, zerzaust, nass an Kopf und Hals. Torben lässt sie hinein, Shannon dazu. Wartet einen Moment auf Nancy, läuft zurück ins Feld, sie zu suchen. Trifft Rabea und Rosi, die von ihrem Spaziergang zurückkommen. Die beiden drehen um, Rabea alarmiert Evi, Walter und Dana (die gerade von ihren Touren zurück sind) übers Handy. Sie sehen sich kurz Sydney an, dann fährt Walter mit dem Auto los, Dana mit dem Fahrrad, Evi wartet ein paar Minuten zuhause, wird unruhig, geht dann auch ins Feld. Walter fährt kurz die Straßen der Umgebung ab, trifft Bea. Rosi läuft kurz nach Hause – erschöpft und nass. Helmut fährt sie wenig später wieder hinaus, sie sucht weiter. Walter und Bea schicken Dana heim, weil es wieder zu regnen beginnt. Treffen Torben, beschließen, noch einmal zu dritt in den Mais zu gehen. Sekunden später können wir annähernd ahnen, wie Eltern zumute ist, die ihre verschwundenen Kinder suchen. Schon Schreckliches vermutend. Nancy liegt im Mais, keine fünf Meter vom Weg. Eine tiefe, große Bisswunde am Hals. Walter will sie umdrehen. Greift in Gedärme. Verzweiflung kommt auf, dann Wut, dann Trauer. Die drei legen Nancy in den Kofferraum, treffen Evi auf dem Nachhauseweg, dann Rosi. In ein „Trainingswochenende“ für eine Schleppjagd vom Nachbarort aus war Torben geraten. Kein Hinweisschild, keine Person hatte ihm gesagt: „Stopp! Bis hier und nicht weiter“. Das monieren wir, noch wütender aber macht uns, dass die „Hundsmänner“, die in diesem „unblutigen“ Jagdsport (so steht’s auf der Homepage des Meute-Vereins) unserer Ansicht nach viel zu spät zur Stelle waren. Erst kamen die Hunde, killten Nancy, dann knallte nach Torbens Erinnerung erst die Peitsche, und auch das brachte die Tiere in ihrem Jagdfieber nicht davon ab, Sydney nachzustellen. Erst danach hatten die Reiter wieder die Kontrolle über ihre Tiere. Kein Wunder, wenn, wie zu hören war, sechs Neulinge „begrüßt werden konnten“. Es war schließlich Training, einige Hunde waren möglicherweise noch nicht ausgebildet. Auch wenn es kaum Unfälle dieser Art in diesem Sport zu geben scheint (von eventuell dabei auf der Strecke bleibenden Wildtieren wird die Öffentlichkeit sicher niemals erfahren) und diese Art der Jagd in der Tat nur ein Sport ist, muss unserer Ansicht nach die Sicherheit gewährleistet sein. Zum einen durch Hinweise, zum zweiten durch Begleiter, die auf der Höhe des Geschehens, sprich: der Meute, sind – oder, noch besser, durch Maulkörbe. Wir werden Anzeige erstatten, damit Sicherheitslücken geschlossen werden. In unserem Interesse, und sogar im Interesse der Veranstalter: Was, wenn ein Kind auf dem Weg Dreirad gefahren wäre, oder Fahrradfahren geübt hätte? Nancy bringt uns das nicht zurück.
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